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Aus Not und Leid entsprang Menschlichkeit

Innenansicht des Ossariums in Solferino. Zahlreiche menschliche Schädel und Knochen sind ordentlich in Regalen und Nischen gestapelt und angeordnet, was die große Anzahl der Opfer der Schlacht von Solferino verdeutlicht.
Wo das Leid zur Hoffnung wurde: Im Ossarium von Solferino ruhen die Überreste derer, deren Schicksal Henry Dunant zutiefst erschütterte. Hier entstand die Idee der Hilfe für alle, unabhängig von Nation oder Uniform.
Innenansicht des Ossariums in Solferino. Zahlreiche menschliche Schädel und Knochen sind ordentlich in Regalen und Nischen gestapelt und angeordnet, was die große Anzahl der Opfer der Schlacht von Solferino verdeutlicht.
Das Beinhaus (Ossario) von Solferino, in dem die Überreste der in der Schlacht von Solferino gefallenen Soldaten ruhen. Blick auf die Apsis mit den totenschädeln und die Gruft, in die die Knochen gelagert sind.
Innenansicht des Ossariums in Solferino. Zahlreiche menschliche Schädel und Knochen sind ordentlich in Regalen und Nischen gestapelt und angeordnet, was die große Anzahl der Opfer der Schlacht von Solferino verdeutlicht.
"Tutti Fratelli" – In ewiger Erinnerung: Das Ossarium von Solferino ist nicht nur ein Friedhof der Knochen, sondern ein kraftvolles Symbol dafür, wie aus größtem Leid der Ruf nach universeller Brüderlichkeit entstand.
Innenansicht des Ossariums in Solferino. Zahlreiche menschliche Schädel und Knochen sind ordentlich in Regalen und Nischen gestapelt und angeordnet, was die große Anzahl der Opfer der Schlacht von Solferino verdeutlicht.
Stille Mahnung aus Solferino: Viele Rotkreuz-Gemeinschaften hinterlassen im Ossarium von Solferino Zeichen des stillen Gedenkens.
Denkmal des Roten Kreuzes: Zum Gedenken an die Schlacht von Solfereino. Es wurde 1959 eingeweiht.
Denkmal des Roten Kreuzes: Die Steintafeln mit den Namen der Länder, in denen es eine nationale Rotkreuz- oder Rothalbmond-Gesellschaft gibt.
Die Landschaft von Solfrino im Sonnenschein am Mittag.
Blick auf Solferino. In der Mitte ist das Schloss des Orazio Gonzaga aus dem 16. Jahrhundert mit der im 15. Jahrhundert erbaute Chiesa di San Nicola.
Die im 15. Jahrhundert erbaute Chiesa di San Nicola diente während der Schlacht als Feldlazarett und Versorgungspunkt.
Castiglione delle Stiviere - Rechts im Bild ist das “Duomo”, die Kathedrale. Diese wurde während der Schlacht als Krankenhaus genutzt

24. Juni 1859 - Wie die schreckliche Schlacht von Solferino zum Ursprung einer weltweiten Bewegung der Menschlichkeit wurde. Aus unermesslichem Leid erwuchs die Idee von Henry Dunant, die bis heute Millionen Leben rettet.

Der 24. Juni ist für das Deutsche Rote Kreuz und die gesamte weltweite Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung ein Datum von tiefgreifender historischer Bedeutung. An diesem Tag im Jahr 1859 tobte in der Lombardei die verheerende Schlacht von Solferino – ein Ereignis, das durch das unermessliche Leid der Verwundeten und die schockierende Erkenntnis fehlender medizinischer Versorgung einen Wendepunkt in der Geschichte der humanitären Hilfe markierte.

Das Grauen von Solferino und Henry Dunants Vision

Tausende Soldaten starben oder verbluteten auf dem Schlachtfeld, nicht nur durch die direkten Kampfhandlungen, sondern auch mangels jeglicher organisierten Hilfe. Zeuge dieses Elends wurde der junge Schweizer Geschäftsmann Henry Dunant. Was er sah, ließ ihn nicht mehr los: “Auf dem Boden lagen Tausende von Menschen, von denen viele noch lebten, aber langsam und qualvoll starben.” Dunant, zutiefst erschüttert, handelte sofort. Er mobilisierte die Zivilbevölkerung der umliegenden Dörfer, um Verwundete zu bergen und zu versorgen – unabhängig von ihrer Nationalität oder Uniformfarbe. Sein Aufruf "Tutti fratelli" (Alle Brüder) wurde zum inoffiziellen Motto dieser spontanen Hilfsaktion. Aus dieser unmittelbaren Erfahrung heraus entwickelte Dunant eine revolutionäre Idee, die er in seinem berühmten Buch "Eine Erinnerung an Solferino" festhielt: die Gründung von freiwilligen Hilfsgesellschaften zur Pflege verwundeter Soldaten in Kriegszeiten und die Schaffung eines internationalen Abkommens zum Schutz der Verwundeten und des medizinischen Personals.

Der Grundsatz der Menschlichkeit: Damals wie heute aktuell

Dunants Vision war der Keim dessen, was wir heute als den Grundsatz der Menschlichkeit kennen – den ersten und obersten der sieben Grundsätze der Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung. Er besagt, dass die Bewegung bestrebt ist, menschliches Leid überall und jederzeit zu verhüten und zu lindern. Ihr Zweck ist es, Leben und Gesundheit zu schützen und die Menschenwürde zu achten. Dieser Grundsatz, der aus dem Chaos und der Barbarei von Solferino geboren wurde, war damals revolutionär und ist heute aktueller denn je. In einer Welt, die weiterhin von Konflikten, Naturkatastrophen und komplexen Krisen gezeichnet ist, bleibt die Notwendigkeit, dem Leid entgegenzuwirken und die Würde jedes Einzelnen zu wahren, eine moralische Imperative.

Das Erbe von Solferino: Eine Bewegung für alle

Henry Dunants unermüdliches Engagement führte 1863 zur Gründung des "Internationalen Komitees der Hilfsgesellschaften für die Verwundetenpflege", dem Vorläufer des heutigen Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK). Ein Jahr später wurde die erste Genfer Konvention verabschiedet, die den Schutz von Verwundeten und Sanitätspersonal völkerrechtlich verankerte. Die Schlacht von Solferino und Henry Dunants Reaktion darauf waren der Funke, der eine weltweite Bewegung entzündete – eine Bewegung, die sich der Menschlichkeit verschrieben hat und die heute in fast jedem Land der Erde aktiv ist. Das Rote Kreuz und der Rote Halbmond sind zu einem universellen Symbol der Hilfe und Solidarität geworden, das über Grenzen, Kulturen und politische Systeme hinweg Brücken baut. Auch heute, 166 Jahre nach Solferino, sind die Bilder des Schlachtfeldes eine Mahnung und ein Auftrag zugleich. Sie erinnern daran, dass Menschlichkeit keine Option, sondern eine Notwendigkeit ist. Und sie bekräftigen unseren Einsatz für eine Welt, in der jedem Menschen in Not geholfen wird – getreu dem zeitlosen Vermächtnis von Henry Dunant und dem Grundsatz der Menschlichkeit.

„Helfen, ohne zu fragen wem!“
 

Henry Dunant
*08.05.1828 - † 30.10.1910
Begründer der Rotkreuz- & Rothalbmond-Bewegung