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Im Gespräch mit Rim

Vertieft in das Gespräch mit ihrer Kollegin Linda Becker trafen wir Rim Letzel im DRK-CityTreff am Markt in Grimma an. Gerade wurde ein Familienfall mit Multiproblemlagen besprochen. Zuvor fand die wöchentliche Beratung des Teams unter Leitung von Barbara Hofmann statt.

Unsere ambulante Familienhilfe möchte durch ein intensives Betreuen und Begleiten Familien bei der Lösung von Alltagsproblemen und Erziehungsaufgaben sowie Konflikten helfen und den Kontakt mit Ämtern unterstützen.

Unsere Kollegen sind dabei über einen längeren Zeitraum für die Familien zuständig und geben Hilfe zur Selbsthilfe. Rim Letzel kam vor neun Jahren nach Deutschland. In ihrer Heimat Tunesien arbeitete sie nach ihrem Germanistikstudium als Deutschlehrerin. Eines Tages lernte sie ihren Mann in Tunis kennen. Nach einiger Zeit folgte sie ihm nach Leipzig, um gemeinsam eine Familie zu gründen.

„Beruflich in Deutschland Fuß zu fassen, war nicht einfach. Ich erhielt dabei keine Unterstützung. Zunächst arbeitete ich als Assistenz in einer Rechtsanwaltskanzlei. Als Einstieg war das sehr gut. Jedoch merkte ich bald, dass die Arbeit mir nicht genügte.“ erzählt uns Rim von ihrem Start.

2015 arbeitete sie anschließend ehrenamtlich in einer Flüchtlingsunterkunft in Naunhof. Im März 2016 startete sie dann als Flüchtlingssozialarbeiterin beim DRK Muldental und betreute Flüchtlinge in Unterkünften vor allem in Grimma und Borsdorf.

„Ich war jedoch immer als Quereinsteigerin eingesetzt. Die Kenntnis über die vielen gesetzlichen Bestimmungen haben mir gefehlt und nur das Nachlesen im Internet, das war mir einfach zu wenig.“ führt Rim aus. „Es ist einfach besser einen Abschluss in Deutschland zu machen.“ So begann Rim 2017 ihr Studium Soziale Arbeit an der DIPLOMA Hochschule in Leipzig. Während dieser Zeit sammelte sie viele Erfahrungen in anderen Einrichtungen, wie z.B. in Kindertagesstätten. 2021 hatte sie dann ihren Abschluss in der Tasche.

Ins Team der ambulanten Familienhilfe kam Rim im September 2020. „Wir betreuen und begleiten Familien meist mit Migrationshintergrund bei Integrations- und Erziehungsproblemen.“ erläutert sie uns das Aufgabengebiet.

„Ich verstehe mich als Brücke und Vermittlerin zwischen zwei Kulturen. Ich möchte den Familien helfen, aber so dass sie gleichzeitig ihre Identität und Kultur beibehalten. Alles was ich bis heute geschafft habe, dafür habe ich gekämpft. Durch meine eigenen Erfahrungen kann ich den Familien viel für ihren eigenen Weg mitgeben.“

Derzeit betreut Rim fünf Familien. Sie stammen aus Russland, Afghanistan und Syrien. Dazu ist sie die ganze Woche unterwegs und macht Hausbesuche im Landkreis. Für die Familien ist sie außerdem per E-Mail und Telefon erreichbar. „Ich bin die direkte Ansprechpartnerin für die Familien. Gemeinsam versuchen wir immer eine Lösung und einen Weg zu finden. Wenn ich sehe, dass es funktioniert, dass z.B. die Kinder regelmäßig in den Kindergarten gehen, dass sie Deutsch lernen oder wenn die Kinder mich strahlend begrüßen, dass ist das Schönste an meiner Arbeit.“ Rim strahlt bei ihren Ausführungen.

„Integration ist nach wie vor ein Thema im Landkreis. Die Strukturen sind nicht optimal, es muss noch viel verändert werden. Da gibt es weiterhin sehr viel zu tun.“

In ihrer Freizeit ist ihre Familie ihr Ausgleich und ganzes Glück. Ganz selbstverständlich lernt ihr Sohn beide Kulturen kennen. „Mein Sohn weiß was Ramadan und was das Zuckerfest ist. Genauso stellen wir einen Baum zu Weihnachten auf oder feiern Ostern. Dieses Weihnachten habe ich sogar Stollen selbst gebacken.“ Darüber hinaus ist ihr der Kontakt zu ihrer Familie in Tunesien sehr wichtig. So waren sie eben erst im April auf Familienbesuch dort.

„Ich fühle mich wohl hier. Integration heißt für mich, Sprache lernen, einer Arbeit nachgehen, an Regeln und Gesetze halten. Was ich feiere, was ich esse, das gehört jedoch zu mir. Die verschiedenen Kulturen sollten akzeptiert werden.“

Die Arbeit beim DRK gefällt ihr sehr gut: „Das Team ist top. Wenn ich in einer Sackgasse bin, Ideen brauche, sind meine Kollegen für mich da.“

Wir sind gespannt, welchen Weg Rim weiter gehen wird und welche Ideen noch in ihr schlummern.

(Das Interview wurde am 11.05.2022 geführt.)